Ziele sind positiv formuliert
Das wohl wichtigste Kriterium, das allen Zielfindungsmodellen gemein ist, ist die positive Formulierung. Das heißt, Ziele müssen zwingend positiv formuliert sein.
Folgende Formulierungen wären nicht geeignet:
- „Ich will nicht mehr so viel arbeiten.“
- „Bei Präsentationen bin ich immer so aufgeregt. Ich will die Aufregung ablegen.“
Geeignete Zielfrage:
- „Was wollen Sie stattdessen? Wieviel genau wollen Sie arbeiten?“
- Einmal angenommen, Sie hätten die Aufregung schon abgelegt, wie würden Sie sich dann fühlen?
Ziele liegen im eigenen Einflussbereich
Auch dies ist ein wichtiges Kriterium für Zielfragen im Systemischen Coaching: Das Ziel muss so gewählt sein, dass der oder die Coachee die Verhaltensweisen, die zum Erreichen des Ziels führen, auch selbst ausführen kann und will.
Folgende Formulierung wäre nicht geeignet:
- „Ich will endlich, dass mein Chef meine Leistung und mein Engagement auch anerkennt.“ – Genau genommen ist das ja ein Ziel für den Chef oder ein „Du-Ziel“.
Geeignete Zielfrage:
- „Wie können Sie Ihren Chef davon überzeugen, dass er Ihre Leistung anerkennt?“ – Einmal angenommen, Sie hätten Ihren Chef schon überzeugt, woran würden Sie das merken? In Ihrem eigenen Erleben? An der Reaktion oder im Verhalten Ihres Chefs?
Ziele sind situationsspezifisch-konkret
Die Ziele sind auf einen konkreten Kontext bezogen, weil jedes Verhalten kontextabhängig ist. Beim Betreten des Raumes die Schuhe auszuziehen, wird in einem buddhistischen Tempel selbstverständlich erwartet, beim Business Meeting würde es mindestens auf Verwunderung stoßen.
Folgende Formulierung wäre nicht geeignet:
- „Ich möchte erfolgreich sein.“
Geeignete Zielfrage:
- „Wann und wo genau möchten Sie erfolgreich sein?“ – In welcher Situation konkret? Was bedeutet „erfolgreich“ für Sie?
Ziele sind sinnesspezifisch konkret
Sinnesspezifisch konkrete Ziele enthalten Bilder, Geräusche, Gefühle und vielleicht auch einen Geruch und Geschmack (VAKOG – visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch). Je konkreter, erlebbarer und sinnespezifischer das Ziel ist, so die systemische Grundannahme, desto wahrscheinlicher ist die Erreichung.
Folgende Formulierung wäre nicht geeignet:
- „Ich möchte weniger Stress haben und gelassen sein.“
Geeignete Zielfrage:
- „Woran genau werden Sie erkennen, dass Sie gelassen sind?“ – Welches Bild ist damit verknüpft? Was sehen Sie dann? Was hören Sie? Welche Geräusche sind damit verbunden? Und welches Gefühl? Wie würden Sie das Gefühl benennen? Wo im Körper spüren Sie das?
Oder: „Woran werden Sie als erstes bemerken, dass Sie sich Ihrem Ziel der Gelassenheit nähern?“
Zielfragen mit Bezug auf den Coaching-Prozess
Darüber hinaus ist es im Systemischen Coaching sinnvoll, Ziele für den Coaching-Prozess, die Zusammenarbeit oder auch einzelne Coaching-Sessions zu ermitteln.
Hier einige bespielhafte Fragen:
Mit diesem Gedankenexperiment möchte ich Sie zu einem Blick in die Zukunft einladen:
- Was hat sich an Ihrer beruflichen Situation geändert, wenn Sie am Ende unserer Zusammenarbeit sagen können: „Jetzt bin ich dort, wo ich hinwollte.“
- Was wäre Ihr Ziel für die heutige Coaching-Session? Was soll dann anders sein? Wie werden Sie sich dann fühlen?
Quellen:
- Ötsch, Walter / Stahl, Thies: Das Wörterbuch des NLP. Das NLP-Enzyklopädie-Projekt. Paderborn, 1997.
- Schmidt, Gunther: Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung Heidelberg 2024, 11. Auflage.
- Vössing, Heidrun: NLP in der Coaching-Praxis. Ein praxisorientiertes Arbeitsbuch für Coaches. Norderstedt, 2013.
- Bild von Bich Tran, pexels.com