Zirkuläre Fragen gehören zum Standard im Systemischen Coaching. Sie zielen darauf ab, Perspektivwechsel einzuleiten: Die andere Person wird dazu eingeladen, eine Situation oder ein Problem aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Zirkuläre Fragen erweitern den Blick, indem sie insgesamt mehr vom System sichtbar machen und nicht nur einen einzelnen Aspekt berücksichtigen. Es geht darum, Verhaltensweisen, Symptome oder Gefühle nicht nur isoliert zu betrachten, sondern den Blick auch darauf zu lenken, wie das eigene Verhalten auf andere Menschen wirkt.
Der Nutzen Zirkulärer Fragetechniken besteht außerdem darin, neue Informationen über das System zu generieren, beispielsweise über das Fremdbild, oder auch darin, dem Gegenüber Wechselwirkungen bewusst zu machen.
Beispiele für Zirkuläre Fragen im Systemischen Coaching
- Wer in Ihrem Team wird zuerst merken, dass Sie so richtig genervt sind?
- Was denken Sie, welche Ihrer Fähigkeiten Ihre Chefin besonders an Ihnen schätzt?
- Was glauben Sie, wie Ihre Kollegin reagieren wird, wenn Sie die Projektleitung abgeben?
- Was denken Sie, welche Haltung Ihre Vorgesetzte zum Thema Digitalisierung hat?
- Wie würde Herr Meier reagieren, wenn Sie ihm diese Aufgabe übertragen?
- Woran würde Ihr Chef merken, dass unser Coaching erfolgreich ist? Welche Veränderungen würde er an Ihrem Verhalten bemerken?
- Was würde Ihre Kollegin sagen, wenn Sie sie nach der Atmosphäre im Team fragen?
Wann und wie werden Zirkuläre Fragen im Systemischen Coaching genutzt?
Meist werden Zirkuläre Fragen im Coaching-Dialog genutzt. Sie werden an geeigneter Stelle ins Gespräch eingeflochten.
Darüber hinaus gibt es jedoch die Möglichkeit, das Vorgehen methodisch zu erweitern, indem der oder die Coachee eingeladen wird, nicht nur die Perspektive einer anderen Person zu übernehmen, sondern quasi in ihre Schuhe zu schlüpfen. Diese Art des Perspektivwechsels basiert auf dem Konzept der Wahrnehmungspositionen aus dem NLP nach Robert Dilts. Dabei werden sogenannte Raum-Anker genutzt, das heißt, für die andere Person wird ein Platz im Raum ausgewählt. Dieser wird mit einer Moderationskarte oder einem Blatt Papier markiert. Der oder die Coachee wird eingeladen, sich die Person vorzustellen, als wäre sie jetzt hier im Raum, und zu beschreiben, wie er oder sie die Person in ihrem Verhalten wahrnimmt. Dann wird der oder die Coachee gebeten, sich auf den Platz der anderen Person zu begeben, in ihre Schuhe zu schlüpfen und wahrzunehmen, welche Gefühle, Sichtweisen und Gedanken damit verbunden sind.
Dieses methodische Vorgehen und der damit verbundene Erkenntnisgewinn wird oft als intensiver und tiefgründiger erlebt, da die emotionale Beteiligung höher ist.
Quellen:
Mohl, Alexa.: Der große Zauberlehrling. Teil 2. Paderborn 2010, 2. Auflage.
Schlippe, Arist von, Schweitzer, Jochen.: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I. Göttingen, 2016.
Vössing, Heidrun: Seminarmanuskript zur Systemisch integrativen Coachingausbildung. Systemische Methoden im Coaching. Bielefeld, 2024.