Systemische Fragen im Coaching: Skalierungsfragen

Was sind eigentlich Skalierungsfragen? Wozu dienen sie? Wie werden sie formuliert? Wie lassen sie sich im Systemischen Coaching einsetzen? Genau darum geht es in diesem Blogbeitrag. Er erläutert die Funktionen und zeigt unterschiedliche Beispiele für Skalierungsfragen auf.

Skalierungsfragen gehören zur Kategorie der Systemischen Fragen. Sie sind sehr vielfältig, können in jeder Phase eines Coaching-Prozesses eingesetzt werden und beziehen sich prinzipiell auf jedes Thema.

Menschen nehmen Situationen, Probleme und Emotionen sehr unterschiedlich wahr – und vor allen Dingen bewerten sie diese unterschiedlich. Das, was für die eine Person ein großes Problem ist, ist für eine andere Person eine Kleinigkeit. Gleichzeitig gehen wir häufig davon aus, dass andere Menschen genauso bewerten wie wir selbst. Skalen haben also die Funktion, diese unterschiedlichen Bewertungen sichtbar zu machen.

Die wohl am meisten verwendete Skala reicht von 1 bis 10. Dabei steht 1 für die schwächste Ausprägung, 10 für die stärkste. Mit dieser Skala wird eine Maßeinheit für sogenannte „weiche Realitäten“ oder subjektives Erleben geschaffen.

Im Gegensatz dazu gibt es für geometrische oder physikalische Größen Maßeinheiten, die einen eindeutigen, meist international definierten Wert haben – wie beispielsweise Liter, Gramm, Stunde oder Meter. Wenn Sie für ein Curry-Gericht 250 g Champignons benötigen, können Sie diese Menge mit einer Küchenwaage bestimmen.

Bei der Beschreibung von Problemen, Eindrücken, leidvollem Erleben, Emotionen oder Motivation funktioniert das aber nicht so einfach. Denn es gibt ja keine geeichte „Problem-Waage“ oder einen „Zufriedenheits-Meter“. Ebenso wenig wie eine allgemein gebräuchliche Maßeinheit für Emotionen. Aus diesem Grund ist die Arbeit mit Skalen oder Skalierungsfragen im Systemischen Coaching besonders hilfreich: Sie schaffen eine subjektive Maßeinheit und erlauben es, die eigene Bewertung messbar und für andere verständlicher zu machen.

Die Arbeit mit Skalen bietet außerdem noch einen anderen entscheidenden Vorteil. Skalierungen helfen dabei, polare Sichtweisen – im Sinne von gut oder schlecht, schwarz oder weiß – zu erweitern. Sie machen Differenzierungen sichtbar und besprechbar.

Im Systemischen Coaching haben sich Skalierungsfragen als besonders nützliches und vielseitiges Werkzeug erwiesen, um subjektive Erfahrungen greifbar zu machen. Das sind ihre genauen Funktionen:

• Sie machen subjektives Empfinden messbar.
• Sie erleichtern es, über subjektives Erleben zu sprechen und dieses zu reflektieren.
• Sie machen Veränderungen deutlich.
• Sie erweitern und differenzieren polare Sichtweisen.
• Sie ermöglichen eine feinere Selbstwahrnehmung.
• Sie ermöglichen Vergleiche.
• Sie machen Fortschritte leichter sichtbar.
• Sie können Veränderungen erleichtern, weil so auch kleinere Verbesserungen sichtbar werden.

Im Rahmen des Systemischen Coachings bieten Skalierungsfragen eine einfache und zugleich wirkungsvolle Möglichkeit, Gedanken, Gefühle und Bewertungen zu strukturieren. Sie helfen dabei, innere Prozesse sichtbar zu machen und gezielt zu reflektieren. Je nach Anliegen lassen sich Skalierungsfragen während des Systemischen Coachings auf Probleme, Ziele oder Ressourcen anwenden – hier einige konkrete Beispiele.

Skalierungsfragen zum Problem

Auf einer Skala von 1 bis 10:

• Wie beurteilen Sie das gerade angesprochene Problem?
• Wie ordnen Sie den Schwierigkeitsgrad dieses Problems im Vergleich zu dem bereits gelösten ein?
• Wie stark emotional belastend ist das Problem für Sie?
• Wie wichtig ist es für Sie, das Problem zu lösen?
• Wie stark ist Ihre Motivation, das Problem zu lösen?

Skalierungsfragen zum Ziel

Auf einer Skala von 1 bis 10:

• Wie wichtig ist das Ziel für Sie?
• Wie attraktiv ist das Ziel für Sie?
• Wie hoch ist der Grad der Zielerreichung jetzt schon?

Skalierungsfragen zu Ressourcen

Auf einer Skala von 1 bis 10:

• Wie haben Sie es geschafft, von 4 auf 5 zu kommen?
• Was bräuchte es, um auf 6 oder 7 zu kommen?
• Was ist in dieser Situation Ihre stärkste Ressource und wo würden Sie diese auf der Skala einordnen?
• Was bräuchte es, um Ihre Zuversicht um einen oder zwei Punkte auf der Skala zu stärken?

Reuter, Karin: Systemische Fragetechniken. Köln, 2023.

Schlippe von, Arist/Schweitzer, Jochen: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Göttingen, 2002.

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