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    Systemische Fragen im Coaching: Die Wunderfrage

    Im Systemischen Coaching ist die Wunderfrage eine Frage, die ähnlich wie Zielfragen in die Zukunft lenkt. Im Unterschied zu Zielfragen – bei denen es darum geht, Ziele, die im eigenen Einflussbereich liegen, zu formulieren – ist die Wunderfrage viel unverbindlicher. Ein Wunder liegt ja gerade nicht in unserem Einflussbereich, sondern es geschieht einfach.

    Die Wunderfrage geht auf Steve de Shazer, dem Entwickler der lösungsorientierten Kurzzeittherapie, zurück, der maßgeblich das Systemische Coaching beeinflusst hat.

    Im Original formuliert De Shazer die Frage so:

    „Angenommen, es würde eines Nachts, während Sie schlafen, ein Wunder geschehen und Ihr Problem wäre gelöst. Wie würden Sie das merken? Was wäre anders? Wie wird Ihr Ehemann davon erfahren, ohne dass Sie ein Wort darüber zu ihm sagen?“ (De Shazer 2012:24)

    Auch wenn die meisten Menschen vermutlich nicht an Wunder glauben, ist es verlockend, sich vorzustellen, wie es sein könnte, wenn das Problem einfach weg wäre. Zugleich ist der Wunsch, sich gedanklich mit einer besseren Zukunft zu beschäftigen, etwas zutiefst Menschliches. Wer träumt nicht gerne von einer schönen Zukunft? Attraktive Vorstellungen von der Zukunft sind zudem eine starke Motivationsquelle.

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    Systemisches Coaching: Wunderfragen regen die Kreativität an.

    Wozu: Die Funktion der Wunderfrage im Systemischen Coaching

    • Im Systemischen Coaching beinhaltet die Wunderfrage für den Klienten oder die Klientin das Angebot, sich gedanklich mit einer deutlich positiven Zukunft auseinanderzusetzen. Somit wird zunächst ein mentaler Raum für eine positive Erwartungshaltung und positive Zukunftsentwicklungen geschaffen.
    • Dadurch wiederum wird problematisches und leidvolles Erleben durch etwas Positives erweitert.
    • Die Wunderfrage aktiviert Kreativität, sie erlaubt einen spielerischen Umgang mit schwierigen Themen und erweitert den gewohnten Denkrahmen.

    Doch die Wunderfrage beinhaltet mehr und das macht sie vielleicht so besonders für das Systemische Coaching. Denn sie fragt ja nicht nur nach einem Wunder, das man sich in der Zukunft bildlich vorstellt, sondern sie fragt nach konkreten Wahrnehmungen oder sinnesspezifischen Beweisen, an denen man selbst oder auch Menschen im Umfeld das Wunder erkennen können. Dadurch hat die Wunderfrage einen klaren Zielbezug, das heißt sie kann zu einer konkreten Zielbeschreibung führen.

    Wenn man so tut, als wäre ein Problem bereits gelöst, und sich die Lösung in der Zukunft vorstellen und anschauen kann, dann erkennt man dort wahrscheinlich auch konkrete Hinweise, die im Hier und Jetzt hilfreich sind.

    Verschiedene Formulierungsvorschläge für die Wunderfrage

    • Einmal angenommen sie hätten tief und fest geschlafen, würden am Morgen frisch und erholt aufwachen und über Nacht wäre ein Wunder geschehen und Ihr Problem wäre einfach verschwunden. Woran genau würden Sie das bemerken? Was wäre dann anders? Was würden Sie sehen? Was würden Sie hören? Wie fühlt sich das Wunder an? Wo im Körper spüren Sie das?
    • Woran würden andere Menschen in Ihrem Umfeld bemerken, dass ein Wunder geschehen ist?
    • Was ist das Besondere an Ihrem Wunder?
    • Woran würden Sie zuallererst bemerken, dass Ihr persönliches Wunder passiert ist?
    • Wer aus Ihrem Umfeld würde vermutlich zuerst das Wunder bemerken?
    • Was werden andere über Sie sagen, nachdem Sie Ihr mit dem Wunder verbundenes Ziel erreicht haben?
    • Wie würde ein außenstehender Beobachter das Wunder beschreiben?
    • Was müsste geschehen, damit das Wunder möglich wird?
    • Und wenn ein großes Wunder nicht möglich ist, was wäre die kleine Version davon?

    Die Wunderfrage für das Systemische Coaching vorbereiten und einleiten

    Für manche Menschen scheint die Wunderfrage eine Spinnerei zu sein, der sie nicht folgen möchten. Sie fühlen sich in ihrer problematischen Situation vielleicht nicht ernst genommen. Dann kann es für Sie als Coach hilfreich sein, sich zunächst die Erlaubnis zu holen, auch ungewöhnliche Fragen zu stellen.

    Sie können Ihr Gegenüber während des Systemischen Coachings beispielsweise so auf die Wunderfrage einstimmen:

    „Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass wir uns heute auf eine ungewöhnliche kreative Art und Weise mit Ihrem Problem beschäftigen und dazu möchte ich Ihnen eine besondere Frage stellen. Ist das okay für Sie?“

    Quellen:

    De Shazer, Steve: Der Dreh. Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie. Heidelberg, 2012.

    Reuter, Karin: Systemische Fragetechniken. Gekonnt gefragt, gezielt geführt. Köln, 2023.

    Schwegler, Christian: Der Hypnotherapeutische Werkzeugkasten. Hypnotherapeutische Techniken für gelungene Induktionen und Interventionen. Kaltenkirchen 2014.

    Foto: Heidrun Vössing

    Foto: Josh Mills, unsplash.com

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